Donnerstag, 4. September 2008

Stadtgeschichten I

Warum gingen die Revolten der Freigeister anfang der neunziger im neuen Berlin unter? Nicht weil es an revolutionärem gefehlt hätte, nein, der Wille, der zur Umsetzung des berühmten Spruches "Reclaim the Streets" - und alles was drum herum liegt - war da. Er kochte über bei den 1.Mai Demos, er köchelte bei Hausbesetzungen und selbst bei kleinsten Zusammentreffen erhitzten sich die Gemüter zu Themen wie Kapitalismus und Staat. Das System sabotieren war angesagt und beliebt. Nur manchmal war der geistige Wille nicht stark genug und er unterlag dem körperlichen Unwillen. So war es damals. Zwanzig Jahre später sollte ich erfahren warum. Passend am Abend vor der Aufgabe, auf der letzten wilden Party in dem noch besetzten Haus in der Nähe der Volksbühne überhörte ich in dem endlosen Kellergewölbe, die Geschichte eines der ersten Hausbesetzer in Berlin, Mitte. Nun will ich gar nicht veraten, wo genau die Party stattfand, aber Tatsache ist, dass sich ganz in der Nähe die Staatsbank befindet. 1990 beim Auskundschaften der Kellerräume beschlossen die letzten Abenteurer des 20. Jahrhunderts, die Bank vom Keller aus leer zu räumen. André, der Anführer der 15-Mann-Bande, sollte später Krimiautor werden. Doch an diesem Abend stand er bereit, vollbepackt mit Taschenlampe, Seil, Karabinerhaken, Hacke, Schaufel, Gummistiefel und einem großen leeren Sack in den er das ganze Geld reinstopfen wollte. Da der Keller überraschenderweise doch endlich war, entschied man sich den ersten Wanddurchbruch zu sparen und sich stattdessen vom Nachbargrundstück über den Gulli in die Kanalisation zur Bank vorzukämpfen. Zwei Stunden später, man hatte eine Weile nach einem geeigneten Objekt gesucht um den Gullideckel zu öffnen, stand André bis zu den Knien im Gulli, umringt von vierzehn gespannten aber schon leicht müde wirkenden Fast-Millionären. André konnte nicht weiter, unter seinen Füßen war schon fester Boden. Der Gulli zu Geld und Ruhm war nur ein 1 Meter tiefes Loch im Boden. Da alle ziemlich müde waren, machten sie sich auf den Weg nach Hause.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

und das bild?